Das 2 Jahr

Was gibt es schöneres als so eine Liebe ?

Leben mit dem Tod – 1999 –

Happy new year, Gabi Jonas und ich sprangen zusammen vom Sofa auf den Fußboden nur Gott allein weiß was wir dabei empfunden haben es war 0.00 der 1.1.1999 , haben uns ganz fest in die Arme geschlossen und mit Champagner auf das Kommende angestoßen.

Hatten wir es vielleicht geschafft würde nun alles wieder gut, würde Gabi sterben in diesem Jahr, würde...würde...würde...

Soviel und doch sowenig hat uns glaube ich in diesem Moment beschäftigt. Jonas war ganz aufgeregt es war ja sein erstes richtiges Silvester, was er schon wie ein Großer mitmachen durfte, mit Feuerwerk und allem vor allem aber mit seiner Mami zusammen.

Während ich versuche die Zeit zu beschreiben rasen an mir tausende von Bildern vorbei und doch liegt alles wie im Nebel,aber es war unsere Zeit und was ich jetzt mit Tränen in den Augen immer wieder durchlebe, war diese wahnsinnige und auch so faszinierende Bindung zwischen den beiden, keine Macht auch nicht der Tod, war dazu in der Lage ihre unendliche Liebe zu ihrem Sohn und seine unendliche Liebe zu seiner Mami, wie er Gabi immer nannte, zu  trennen geschweige den zu vernichten.

Jonas hatte den Prozess der in Gabi in den letzten Monat abgelaufen war nur verstärkt, es war eine schier gigantische innere Kraft, die da zu Tage trat, Gabi veränderte sich total, sie hatte immer eine Scheiß Angst, genauso, wie ich, aber man spürte förmlich wie dieser Wille zu kämpfen den total geschwächten Körper immer mehr und mehr powerte und Sie trotz all ihre Angst immer mehr die Furcht verlor.

Gabi wollte mit aller Macht in ihr normales Leben zurück und heute weiß ich das dies für Sie immer sehr wichtig war und ist.

Sie putzte und räumte, egal ob Sie nun konnte oder nicht, ging in ihren kleinen Garten und richtete ihr so geliebtes Häuschen ein, mit Nippes und diesem und jenem machte Ausflüge bis Sie fast in Ohnmacht fiel, kaufte ein und soweiter.
Gabi vollbrachte für sich und vor allem für alle Anderen wahre Wunder.

Ich hingegen baute zusehends ab, die Firma der Tod meines Vaters und der Tod meiner Mam 1996 nach langer Krankheit, all die Schulden und diese gottverfluchte Angst um meine geliebte Prinzessin ließen mich nicht mehr los und führten mich wieder in Versuchung einfach alles zu ignorieren und mich des Öfteren mit Drugs zu vergnügen sobald sich dazu Gelegenheit ergab.Ich möchte dies nicht als Entschuldigung sehen sondern es ist ein schonungsloser Rückblick so wie Gabi es wollte auf eine Zeit in der ich egal wie sehr ich auch Mist baute nie meine Prinzessin und meinen über alles geliebten Sohn auch nur für eine Sekunde im Stich gelassen hätte, aber wo mir einfach alles andere ankotzte und ich auch nicht in der Lage war dies richtig an mich ranzulassen.

Es war die Zeit wo ich erst lernen musste mit dieser Kraft und dem Willen meiner Frau klar zu kommen, wo ich erst erkennen musste, welchen extremsten psychischen und physischen Belastungen Gabi ausgesetzt war und wo ich erst begann zu begreifen das Wir nicht nur bedeutet für einander da zu sein, sonder noch sehr viel mehr an Liebe und Gefühlen dahinter steckt als man es in Worten ausdrücken kann.

Es war die Zeit, zu der ich auch stehe aber die ich heute in Demut betrachtet meiner Frau gerne erspart hätte, denn wir beide haben dadurch leider viele schöne Stunden nie erleben dürfen. Aber ich bin sicher das das Ende dieser Zeit auch der eigentliche Beginn dessen war was wir noch als Team an Gefühlen und Liebe erleben durften und daraus resultieren uns hat immer stärker und kraftvoller gegen ihren Tod, als Team hat kämpfen lassen.

Es war auch mein Abschied für immer von meiner Vergangenheit und der Beginn meines Weges, den ich im Vermächtnis und im Glauben mit Gabis unendlicher Liebe im Herzen heute gehe.

07.01.99 Jonas zweiter Geburtstag es war eine richtige Party, und es war wieder einer dieser wunderschönen Momente in unserem Leben und vor allem im leben von seiner Mami. Es war aber auch wie alles was wir erlebten eine grausame Komponente dabei, war es der letzte Geburtstag, den Gabi mit ihrem geliebten Strunzbärchen verbringen konnte???.

                  
7.1.1999 Strunzbärchens Party, 2 Jahre und schon soviel erlebt.!

Am 08.01.99 hat Gabi dann ihre 3 Chemo Taxol-Carboplatin erhalten.

Gabi war total am Ende ließ sich aber nicht anmerken. Ihre Persönlichkeit hatte sich total verändert, aber war das nicht verständlich, wir gerieten uns zu der Zeit leider sehr oft in die Haare, wie es weitergehen solle, was aus der Firma wird, die Schulden die uns immer mehr auffraßen und weil ich nicht verstand, warum Gabi, meine kleine Prinzessin immer egoistischer wurde (so dachte ich damals) heute weiß ich das Sie in all ihrer Verzweiflung garnicht anders konnte den Sie hatte ja 24 Stunden am Tag den Tod im Nacken.

Trotz alledem versuchten wir halt das ‚normale Leben ’ zu leben so, wie Gabi es sich doch immer gewünscht hatte. Aber normal war das alles nicht mehr schon lange nicht!.

Am 29.01.99 hat Gabi dann ihre 4 Chemo Taxol-Carboplatin erhalten.

Ich war dauernd am Arbeiten so gut es ging und Gabi versuchte zu Hause alles auf die Reihe zu kriegen, aber es haute hinten und vorne nicht hin alles lief irgendwie aus dem Ruder, sie war total am Ende und konnte sich garnicht so schnell erholen, wie die nächste Suppe schon wieder vor der Tür stand.

08.02.1999 Gabis Geburtstag war wieder so ein besonderer Tag aber wir haben gefeiert wenn auch nur im kleinen Rahmen aber es war wieder ein Moment des Glaubens und der Liebe zwischen uns dreien.
                                              Happy birthday meine Prinzessin

Am 19.02.99 hat Gabi dann ihre 5 Chemo Taxol-Carboplatin erhalten.

Und wieder, Gabi wollte reden ich wollte nichts hören, weder vom Krebs noch von dem Chaos in der Firma, heute weiß ich alle Dinge haben ihren Sinn auch die, die behaupten ihre Liebe ewig auf dem Tablett zu tragen haben sich mal mit Geschirr beworfen, denn bei aller Liebe gibt es halt auch Momente wo Mann erst lernen muss was es wirklich heißt zusammen zu sein in guten wie in schlechten Zeiten, das bloße Dasein genügt dann allenfalls alls Strohfeuer. Aber heute weiß ich das zu der Zeit schon unsere innere Zugehörigkeit immer stärker wurde, obwohl wir beide zu dem Zeitpunkt sicher andere Meinung waren.

Jonas ging wenn möglich zu der Zeit vormittags zu einer Kinderfrau, damit Gabi sich etwas mehr erholen konnte, was aber meistens zur Folge hatte das Gabi nichts  Besseres zu tun hatte als ihr geliebtes Haus zu putzen oder umzuräumen oder sonst was für einen Blödsinn anzustellen. Sie hatte starke Schmerzen, nahm ihre Mittel und war schon wieder im Garten und so weiter es war zum Mäusemelken, aber ich begriff halt, dass ihre immense Power das auch brauchte, Sie wollte nicht krank auf dem Sofa liegen und sich schonen das musste ich nun mal halt akzeptieren. 

Am 11.03.99 hat Gabi dann ihre 6 und letzte Chemo Taxol-Carboplatin erhalten.

Es war ein echter Höllentrip wir warteten total angespannt auf die Tumormarker und gleichzeitig hat Sie sich so gefreut das dieser verfluchte Trip vorüber ist. Nur wie lange??.

Der CA 12-5 betrug am 10.03.99 27,34 U/ml das war kaum noch zu toppen und wir waren gespannt auf die nächsten Werte.

Die Tatsache das dieser Zyklus mit der Suppe vorüber war löste nach dem nächsten Wert den wir am 29.03.99 erhielten bei uns Dreien eine wahre Euphorie aus.

Wir schaffen das, wir kriegen die ganze Scheiße wieder auf die Reihe, wir haben uns.!

22.50 U/ml war der CA 12-5 wir sind ein Team wir schaffenes!!, 
Wir sollten nie wieder diesen Wert erreichen, es war im Rückblick eins der grausamsten Beispiele dafür, wie sehr eine Zahl uns zwischen Glück und Unglück hin und herwerfen würde.

 

Bald geht’s weiter, bis dahin bitte etwas Geduld

 

Günter

 

[Ovarialkarzinom  Gabi's Vermächtnis]